Paul Wühr: Für Jörg Drews
Ob
nicht ganz allein hier bei
der Annäherung an Jörg Drews
mit diesem Ob
ein klassischer Abstand eine
bei aller Nähe durchaus kühle
Distanz
angebracht wird mein Gott
ist das umständlich aber
durchaus notwendig
da es sich nicht nur in der
Literatur sondern auch in
ihrem Betrieb
um freihändige Schreibtänze
des einen und um immer
erste
Tanzschriften des anderen
handelt
Jener
der Neues auch sieht als
etwas das einst gewesen
sein könnte oder
eben die Person die jetzt
auf dem Platz ein anderes
Leben als einst
führt sogar aus unserer
Zukunft mit uns redet
wie wir zu sein
hätten der ist mit der
Poesie die zu sich kommen
will unterwegs
und entdeckt sie heute
mit dem Poeten er ist
ein Entdecker
Im
Alten entdeckt Drews wo es
in sich selbst taumelt und
zum Jungbrunnen werden
will in sich selbst erfrischt
bis zur Neuheit und mit
ihr über das Heute
hinaus wieder hergedichtet
aus der Zukunft zurück
was nicht nur jetzt
sein will und weder nur
der Erhaltung noch gar der
Unterhaltung dienend
eben zu keinem Dienst
bereit steht frei ist so
schreibt jedenfalls
dieser Wiederbeleber kein
Totengräber ist er oder
Nachrufverfasser
Ob
ich ein Gesetz ein ungeschriebnes
herausschreibe aus
dem Betrieb und mir als heraus
nehmen darf zu rühmen
einen dessen Beruf es ist zu
urteilen wenn dann
nicht als selber von ihm gelobter
sein strenger Tadel aber
gibt mir das Recht
Wurde
Jörg Drews von mir als Bayer
mitgezählt dieser pfälzische
Berliner dann
ist meine niederbairische
Wenigkeit italienisch
geworden deshalb
um die Zahl der Bayern durch
Zuwahl nicht auch noch
zu vermehren
es gibt schon genug
Zwischen
Drews und Achternbusch
sitzend des letzteren
Frage
im Kopf warum überhaupt
ich mit dem links von
mir red‘ das
verstehe er nicht so ein
Kritiker sei doch nicht
wert
daß Dichter das Wort an
ihn richten Drews hört
diese Abschätzung
versteht aber nicht weshalb
ich für ihn so verletzt
bin und
bereut kein gutes Wort das
er für diesen Dichter
rechts von mir
schrieb siehe Gracián
Desengañada
Ob
ich mich hier auch einmal
entschuldigen sollte
für ein jahrelanges Verbot
über den
Triestiner Iren sowohl als
auch über
den Solipsisten in der
Heide zu
reden wenn er nach München
kam um von
diesen Dichtern pausenlos
und verboten
begeistert zu künden
Sie
in der Wilhelmstraße hatte einmal
eine kompromißlose Auslage
insofern
sich in ihr die Buchhandlung
brüstete mit dem was die
Poesie nun
einmal für allemal ist nackter
Wahn praller Aberwitz auch
zartes Beben
im Ausschnitt bloßgestellt
in reizender Absicht
von Jörg Drews
Immer
wieder ist an diesen Mann zu
erinnern welcher in der Nähe
von Prinzendorf
mit Freundinnen und seinem
Freund im Wirtshaus ein Schild
von der Wand nahm
dessen Bitte uns alle nicht
betraf bis Jörg Drews an dem
R schabte
bis nur noch P dort stand
vor „einlichkeit“ um die jetzt
in unserem Namen
gebeten wurde in allen folgenden
Jahren
(2004)
Paul Wühr: Für Jörg Drews, in: Paul Wühr: An und Für. Hanser Verlag. München 2004, S. 27-35. Wiederabgedruckt in: Jörg Drews: Lob des krummen Holzes. Über Paul Wühr. Hg. von Thomas Combrink, Aisthesis Verlag, Bielefeld 2016, S. 7-15