Jörg Drews: Lebenslauf
Ich wurde am 26.8.1938 in Berlin geboren und bin aufgewachsen in Kaiserslautern/Pfalz, wo ich von 1948 bis 1957 das Altsprachliche Gymnasium besuchte. Nach dem Abitur im März 1957 studierte ich für vier Semester Germanistik, Anglistik und Geschichte an der Universität Heidelberg; ab Sommer 1959 studierte ich dann in München. Im Herbst 1962 legte ich das Staatsexamen in Germanistik und Anglistik in München ab. Ab Sommer 1962 war ich Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes (Promotionsstipendium). In die Jahre 1963 bis 1965 fallen meine ersten Arbeiten als Literaturkritiker. In den Sommersemestern 1963 und 1965 studierte ich mit einem Auslandsstipendium der Studienstiftung am University College London. Im Dezember 1966 promovierte ich an der Universität München mit einer Arbeit über „Die Lyrik Albert Ehrensteins“.
Von Dezember 1965 bis zum Juli 1966 und vom September 1967 bis zum Juli 1968 war ich Studienreferendar im Bayrischen Schuldienst; das zweite Staatsexamen legte ich im Juli 1968 ab. Die Referendarzeit hatte ich unterbrochen wegen der Vorbereitung auf die Promotion, der sich vom Januar bis August 1967 eine Tätigkeit als Redakteur an „Kindlers Literaturlexikon“ (Band III) anschloß. Vom August 1968 bis zum August 1969 arbeitete ich als freier Publizist und wurde im Herbst 1969 Redakteur am Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“. Vom 1. Dezember 1969 bis zum 28. Februar 1970 arbeitete ich als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft am Manuscript Department der Hebrew University in Jerusalem (Jewish National and University Library); ich sichtete und ordnete den Nachlaß des expressionistischen Lyrikers Albert Ehrenstein, woraus dann 1977 eine Auswahlausgabe seiner Lyrik entstand. Ab Mai 1973 Professor an der Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft der Universität Bielefeld für die Gebiete Literaturkritik/Literatur des 20. Jahrhunderts. Seit 1972 gehöre ich dem PEN-Zentrum der Bundesrepublik Deutschland an. Seit 1972 gebe ich die philologische Zeitschrift „Bargfelder Bote. Materialien zum Werk Arno Schmidts“ heraus (inzwischen 270 Lieferungen); seit 1977 bin ich – zusammen mit Klaus Ramm und Hartmut Geerken – Herausgeber der Reihe „Frühe Texte der Moderne“, die bisher 27 Bände umfaßt. Im Sommersemester 1984 war ich Gastprofessor für Literatur des 20. Jahrhnderts am Deutschen Seminar der University of California at Irvine; im Sommersemester 1988 hatte ich eine Gastprofessur an der Hebrew University in Jerusalem inne. Von Februar bis April 1996 war ich Distinguished Visiting Professor am Department of Germanic Languages and Literatures der Washington University in St. Louis, Missouri, und im März/April 1997 war ich Fellow des German Department der University of Canterbury at Christchurch, New Zealand, im Sommer 1997 Gastprofessor am Institut für Germanistik der Universität Graz, im Frühjahrssemester 2003 wieder Gastprofessor an der University of Canterbury at Christchurch. Meine Lehrtätigkeit an der Universität Bielefeld beendete ich am 31. August 2003.
Im Juni 2001 organisierte ich ein Colloquium zum Werk des Schriftstellers Werner Kraft (1896 – 1991) am Schiller-Nationalmuseum in Marbach am Neckar. In den Jahren von 1988 bis 1992 arbeitete ich vor allem an der Fertigstellung einer zweibändigen kommentierten Auswahlausgabe der Schriften Johann Gottfried Seumes, die dann im Februar 1993 erschien. Als letzte Publikationen sind erschienen der Band „Vergangene Gegenwart – Gegenwärtige Vergangenheit. Studien, Polemiken und Laudationes zur deutschsprachigen Literatur 1960 – 1994“ (Hrsg.), Bielefeld 1994, sowie die Anthologie „Das bleibt. Deutsche Gedichte 1945 – 1995“ (Hrsg.), Leipzig: Reclam 1995. 1999 erschienen im Münchner Verlag Peter Kirchheim meine gesammelten Besprechungen neuer Goethe-Ausgaben und neuer Literatur zu Goethe unter dem Titel „Sichtung und Klarheit“. Meine gegenwärtige Arbeit gilt – neben einzelnen Aufsätzen zur Literatur des 20. Jahrhunderts – vor allem der Erarbeitung einer Biographie Johann Gottfried Seumes (1763 – 1810). Der erste Teil der im Rahmen dieses Projekts zu leistenden Arbeit ist die Ausgabe sämtlicher Briefe Seumes (zusammen mit Dirk Sangmeister); diese Arbeit erschien im März 2002 im Deutschen Klassiker Verlag. Parallel hierzu arbeiteten wir an einer Ausgabe sämtlicher Briefe des baltendeutschen Literaturkritikers und erbitterten Gegners der Jenenser und Berliner Romantik Garlieb Merkel (1769 – 1850); diese Ausgabe steht im Zusammenhang der Neubewertung der deutschsprachigen Literatur des Baltikums bzw. der damaligen russischen Ostseeprovinzen, deren Erforschung jetzt erst in Angriff genommen werden kann. Im April 2000 erschien, von mir herausgegeben, ein Band mit Aufsätzen über den Publizisten und Literaturkritiker Garlieb Merkel: „’Ich werde sicher große Energie zeigen.’ Garlieb Merkel als Polemiker, Kritiker und Projektemacher“. Bielefeld: Aisthesis. Inzwischen veranstalte ich, ebenfalls mit Unterstützung der DFG, das Colloquium „’Der Mann selbst’ und seine ‚Hyperkritiker’. Colloquium zu Johann Gottfried Seume in Leipzig“, März 2002. Die Vorträge dieses Colloquiums sind im Jahr 2004 im Verlag Aisthesis in Bielefeld in einem gleichnamigen Sammelband erschienen.
Da ich 25 Jahre lang zu den Organisatoren des „Bielefelder Colloquiums Neue Poesie“ gehörte, dem ungefähr 40 Autoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur angehören, welche nicht zum ‚main stream’ der deutschen Gegenwartsliteratur sich zählen lassen, beschäftigt mich weiter die Analyse von Lyrik-ähnlichen Text-Strukturen und –Verläufen, die sich in den Texten von Helmut Heißenbüttel, Franz Mon, Reinhard Prießnitz, Paul Wühr und Ernst Jandl verfolgen lassen. Hieraus sollen sich zwei Publikationen ergeben: einmal ein Buch mit Analysen von Gedichten von Paul Celan bis Marcel Beyer, zum zweiten ein Buch mit Aufsätzen über die deutsche Hörspielproduktion von Ludwig Harig bis Andreas Ammer (1969 – 1995). Ich bin weiterhin tätig als Editor der Schriften von Johann Gottfried Seume und werde im nächsten Jahr eine neue, erstmals nach der Handschrift gearbeitete Edition von Seumes Autobiographie „Mein Leben“ (1810) vorlegen.
Ich bin seit 1972 Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied der Lord Jim Loge. Zur Zeit fungiere ich außerdem als Vorsitzender der „Johann-Gottfried-Seume-Gesellschaft zu Leipzig e. V.“ und bin seit August 2005 Mitglied der Abteilung Literatur der Bayrischen Akademie der Schönen Künste.
Bielefeld, 15. September 2005 jörg drews
Nachträge/Ergänzungen:
Jörg Drews war von 1972 bis 2004 Mitglied der Jury des Hörspielpreises der Kriegsblinden und, 2002 bis 2004, deren Vorsitzender.
Am 15. Juni 2007 erhielt Jörg Drews gemeinsam mit Klaus Reichert, beide Mitglieder der Jury des Ernst-Jandl-Preises für Lyrik, im Rahmen der Ernst-Jandl-Lyrik-Tage 2007 in Neuberg an der Mürz von Bundesministerin Dr. Claudia Schmied das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse überreicht.
Die geplante Herausgabe von Seumes Autobiographie „Mein Leben“ nach der originalen Handschrift aus der Biblioteca Bodmeriana konnte erst Dirk Sangmeister zu Seumes 255. Geburtstag am 29. Januar 2018 in ungekürzter, kommentierter Fassung vorlegen.